Salem Uganda November 2016
Unser letzter Besuch in Salem im Januar 2015 liegt nun bereits schon wieder mehr als 1 Jahr zurück und seither hat sich einiges getan.
Im Bereich der Salem School of Nursing konnten durch den überragenden Einsatz von Peter Schmieg die Bauarbeiten sowie die Inneneinrichtung für ein weiteres „dormitory“ für die Schülerinnen abgeschlossen werden. Die Bauausführung für den geplanten „Campus“ auf dem Schulgelände geht ebenfalls voran. Die Leistungsfähigkeit des Hospitals konnte deutlich verbessert werden, da es in 2015 u.a. gelungen ist, die Finanzierung von 3 zeitlich begrenzten Stellen für junge Ärzte sicherzustellen.
Nach entsprechender Vorbereitung und Abstimmung innerhalb der Reisegruppe sind wir am Freitag, den 28. Oktober 2016 mit insgesamt 7 Personen (den Vorstandsmitgliedern Ulla und H.G. Meerpohl und Edeltraud Geiger, Peter und Christina Schmieg sowie Hella und Dennis Wegewijs) zu unserer jetzt 3. Reise nach Salem aufgebrochen. Die Anreisewege waren unterschiedlich, teils über Dubai und teils über Nairobi. Am Samstagmittag (29.10. 2016) war die Gruppe dann auf dem Flughafen in Entebbe wieder vereint. Denis Medeyi stand -wie immer- zu unserer Begrüßung am Flughafen bereit. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß. Die Weiterfahrt nach Salem über ca. 280 Kilometer mit einem angemieteten „Matatu“ war dieses Mal deutlich beschwerlicher als sonst. Der
Der Autoverkehr in und um Kampala hat weiter deutlich zugenommen, so dass wir bereits auf der Straße von Entebbe nach Kampala nach kurzer Fahrt nur noch im „stop and go“ Modus vorankamen. Der Verkehrskollaps im Großraum Kampala war zwar bereits seit einiger Zeit vorhersehbar, jetzt ist er da mit all seinen Problemen. Als wir endlich Kampala hinter uns gelassen hatten, wurde es auf der „Jinja –Road“ kaum besser und bei unserem Zwischenstopp in Jinja war es bereits dunkel und wir waren mehr als 4 Stunden unterwegs Nach insgesamt mehr als 7 stündiger Fahrt erreichten wir dann gegen 22.00 Uhr, müde und abgespannt, unser Ziel in Salem.
Hier war alles bestens vorbereitet: einige Zimmer in den Guesthouses“ wurden in der Zwischenzeit renoviert und waren für uns gerichtet. Ein liebevoll zubereitetes Abendessen und ein „Nachttrunk“ weckten nochmals für eine kurze Zeit die Lebensgeister, dann waren alle froh, nach einer ungewöhnlich langen Anreise das Bett zu erreichen.
Bei der Vorbereitung dieser Reise hatten wir für dieses Mal drei konkrete Projekte im Auge
- die Besichtigung und Einweihung des „dormitory 9“ der Kranken- und Hebammenschule, das u.a durch finanzielle Unterstützung unseres Vereins in 2015/16 gebaut werden konnte
- die Intensivierung unseres Engagements für das auf dem Gelände von Salem Uganda betriebene Kolony Hospital durch Fortbildungs-und Trainingskurse in den Bereichen „antenataler Ultraschall“ sowie Cervixkarzinom-Vorsorge
- die Prüfung eines weiteren finanziellen Engagements unseres Vereins für die Planung und Erstellung eines Behinderten-Heims in Salem
Die private Salem School of Nursing hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2010 zu einem Vorzeigeprojekt entwickelt. Zur Zeit werden hier insgesamt ca. 150 „ students“ in einem 2 ½ Jahre dauerndem Ausbildung zu Krankenschwestern und Hebammen ausgebildet. Nach einem Abschlussexamen erhalten die „students“ ein staatlich anerkanntes Zertifikat, dass sie für eine Tätigkeit in Krankenhäusern und lokalen „health centers“ qualifiziert. Für diese Ausbildung muss von jeder Schülerin ein Schulgeld von insgesamt ca. 2500. Euro aufgebracht werden.
Der Ruf der Schule ist mittlerweile so gut, dass die Auswahl der „students“ aus eine großen Zahl von Bewerberinnen aus dem ganzen Land erfolgen kann. Maßgeblich zu diesem Erfolg tragen die für Uganda vorbildlichen Rahmenbedingungen für die Ausbildung und Unterbringung der Schülerinnen bei. Seit 2013 konnten durch die Unterstützung verschiedener Sponsoren insgesamt 1 Lehrgebäude, 3 „dormitories“ und ein „sanitary tract“ gebaut und bezogen werden. Für insgesamt 72 Schülerinnen bestehen jetzt sehr gute Wohn- und Arbeitsbedingungen. Anlässlich der Fertigstellung des 3. dormitories hatte die Schulleitung in Verlauf der Woche eine „Warm Up“ Party für das Haus 3 organisiert, bei dem auch die offizielle Übergabe des Hauses und die Anbringung des Namensschildes „ House Hans and friends“ erfolgten. Immer wieder sind wir von der positiven Atmosphäre beeindruckt, die einem die Schulleitung, die Dozenten und vor allem die Schülerinnen dieser Einrichtung vermitteln. Nach der offiziellen Übergabe war ein wunderbares Buffet mit landestypischen Gerichten vorbereitet, dass für alle ein besonderer Höhepunkt dieser Woche war.
An diesem Abend wurde mit afrikanischer Fröhlichkeit und Ausgelassenheit bis tief in die Nacht gesungen und getanzt.
Das Kolonyi Hospital ist eine „Non for Profit“ Einrichtung und derzeit , entsprechend der Ausstattung und der staatlichen Klassifizierung, als ein Health Center Level IV (HC IV) eingestuft. Das Krankenhaus versorgt mit einem Out Patient Department (OPD), einer Child Nutrition Unit, einer Maternity, einem Labor sowie einem Operationssaal knapp 300.000 Menschen in den umliegenden, zumeist sehr armen Dörfern im Subcounty Nakaolke im Mbale District. Auf 3 Stationen können maximal 60 Patientinnen und Patienten stationär versorgt werden. Wie in den meisten Gesundheitseinrichtungen des Landes bleiben auch in Salem die apparative Ausstattung des Hospitals, die Medikamentenversorgung sowie vor allem die Personalausstattung (medical officers, clinical officers, nurses and midwifes) zum Teil weit hinter den Anforderungen zurück, die für eine zufriedenstellende Versorgungsqualität erforderlich wären. Bei einem ersten Durchgang konnten wir als Ärzte (H.G. Meerpohl und Hella Wegewijs) überdeutlich sehen, dass es bei der Austattung im Op (OP-Tisch, Narkosegerät, Neugeboreneneinheit und und und … ) , im Labor, in den Gebärräumen und in der Ambulanz an vielem mangelt, was für eine Basisversorgung notwendig ist. Gebrauchte Geräte, die vor Jahren aus Spenden in den Bestand übernommen wurden, sind defekt oder unbrauchbar geworden und können aus eigenen Mitteln nicht ersetzt oder adäquat gewartet werden.
Von Denis Medeyi und der Krankhausmanagerin Cathrine konnten wir erfahren, dass mit den spärlichen staatlichen Zuschüssen, die offensichtlich auch nicht regelmäßig ausgezahlt werden, sowie den „user fees“ die laufenden Kosten desKrankenhauses auch nicht annähernd gedeckt werden können. Einsparungen beim Personal, der Ausstattung sowie dem medizinischen Service sind die Folge und verhindern, dass die Versorgungsqualität nachhaltig verbessert werden kann. Trotz dieser ernüchternden Analyse hatten wir diesmal den Eindruck, dass man sich mit der aktuell unbefriedigenden Situation nicht abfinden will, sondern aus eigener Kraft große Anstrengungen unternimmt, Fortschritte zu erreichen. Dazu zählen die Einrichtung einer augenärztlichen Sprechstunde sowie das Angebot einer sonographischen Sprechstunde, die jeweils durch externe „Consultants“ sichergestellt werden soll. Von unserer Seite war in der Vorbereitung unserer Reise angeboten worden, zwei Mitglieder des Staffs (Ärzte/Hebammen/Schwestern) schrittweise an die Benutzung des knapp 20 Jahre alten Ultraschallgeräts heranzuführen. Ziel ist es, zunächst den Patientinnen in Salem permanent die Möglichkeiten eines orientierenden Ultraschalls für die ante-natale Vorsorge sowie für gynäkologische Fragestellungen anbieten zu können.
Über die Kontaktleute in den Dörfern, war eine kostenfreie Ultraschalluntersuchung an einem Tag dieser Woche vorab angekündigt worden. Die Nachfrage war dann so groß, dass bei weitem nicht alle Frauen sonographisch untersucht werden konnten. In gleicher Weise hatten wir im Vorfeld eine Screening zur Erkennung von Krebsvorstufen am Gebärmutterhals angeboten. Ziel dieser Maßnahme ist es, zukünftig eine leicht zu erlernende, einfache Methode der visuellen Inspektion in Salem zu etablieren, um heilbare Frühformen dieser Karzinomerkrankungen zu erkennen und gegebenenfalls vor Ort zu behandeln. Das Zervixkarzinom ist in den meisten Ländern der Subsahara-Region das häufigste Karzinom von Frauen und es kann wegen fehlender Infrastruktur weder operativ noch strahlentherapeutisch zufriedenstellend behandelt werden. Auch für das Screening waren an zwei Tagen sehr viele Frauen nach Salem gekommen und ich (H.G. Meerpohl) bin sicher, bei einer jungen Hebamme des Staffs den Grundstein für anhaltendes Interesse und die Bereitschaft zu Weiterbildung gelegt zu haben. Bei der abschließenden Besprechung am Ende einer erfolgreichen Arbeitswoche haben wir zugesagt, zeitnah weitere Trainingseinheiten anzubieten und gegebenenfalls auch bei der Suche nach Trainingsmöglichkeiten in Uganda zu helfen.
Christina und Peter Schmieg beschäftigen sich bereits seit einiger Zeit mit der Frage, wie einer Randgruppe in Uganda, den körperlich und geistig Behinderten, geholfen werden könnte. Hier fehlt es von staatlicher Seite bisher vollständig an einer Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung. Die Lebensbedingungen der Behinderten sind unvorstellbar und menschenunwürdig. Um das konkrete Ausmaß vor Ort zu erfassen, haben wir an einem Nachmittag eine Privatinitiative für Behinderte in Mbale besucht. Die durch eine Polio Erkrankung in jungen Jahren stark behinderte, ca. 50 jährige Rose versucht seit vielen Jahren, einer Gruppe von Behinderten, in einer alten abrissreifen Fabrikhalle am Rande der Stadt, tagsüber eine Bleibe und eine Beschäftigung zu verschaffen. Mit einer verbliebenen, altersschwachen Nähmaschine werden Auto-planen repariert und aus Reststücken kleine Taschen gefertigt.
Aufträge sind nur schwer zu bekommen und ein Markt für die so produzierten Taschen gibt es nicht. Das obenstehende Bild sagt hier mehr als 1000 Worte. Die Betroffenheit in unserer Gruppe am Ende dieses Besuchs war mit Händen zu greifen.
Wir werden Peter und Christina mit unserem Verein bei dem Projekt unterstützen, in den nächsten Jahren in Salem für Behinderte dauerhaft oder auch vorrübergehend eine Unterkunft und menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen. Der Bedarf ist da und es ist an der Zeit, dieses Projekt als weitere Herausforderung anzunehmen.
Die Woche in Salem verging wie im Fluge. Am Freitag vor der Abreise haben wir für diejenigen von uns, die das erste Mal in Salem waren, eine Ausflug zu den SIPI- Waserfällen gemacht. Bei herrlichem Wetter ging die Fahrt bis an den Fuß des Mt. Elgon Massivs an der Grenze zu Kenia auf die Höhe von ca. 1700 Meter. Der Wasserfall ergießt sich in drei Abschnitten in die Tiefe und ist , genauso wie die Tier-und Pflanzenwelt, immer wieder beindruckend.
Zum Abschluss des Tagen waren wir zu Gast bei einem Kaffee-Farmer, der uns eindrucksvoll demonstrierte, wie mühsam und zeitaufwendig der Kaffeanbau ist. Um eine Familie ernähren zu können, benötigt man Land für ca. 200 Kaffebäume und weitere etwa 100 Bananenbäume. Die Kaffeebäume werden derzeit nur 1x im Jahr abgeerntet, die Bananen-Ernte muss für den Rest des Jahres das spärliche Einkommen sicherzustellen.
Als wir uns am am frühen Morgen des 05. November 2016 aus Salem verabschiedet haben, war bei allen Mitgliedern unserer Reisegruppe das Gefühl vorherrschend, bei Freunden zu Gast gewesen zu sein. Wir wurden mit großer Dankbarkeit verabschiedet und machten uns mit dem Versprechen wiederzukommen, auf verschiedenen Routen auf den Heimweg.
Im November 2016
H.G. Meerpohl
PS: alle Bilder in diesem Bericht stammen von Dennis Wegewijs, der die gesamte Reise für uns fotografisch dokumentiert hat. Für die Bereitstellung möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.